
Wenn eine Freundschaft endet, setzt das einen Trauerprozess in Gang, ähnlich wie Liebeskummer oder nach dem Tod eines geliebten Menschen. Wie man damit umgehen kann.
Bist du schon mal von einer Freundin oder einem Freund verlassen worden? Oder hast eine Freundschaft aufgegeben? Ich habe schon als junger Mensch entsprechende Erfahrungen gemacht. Mal wurde mir die Freundschaft aufgekündigt, etwa nach einem Streit, mal habe ich eine Freundin gegen jemanden anderen "eingetauscht", der mir gerade mehr lag. Damals waren wir schon am nächsten Tag wieder unzertrennlich. Aber erst einmal hat es demjenigen, der verlassen wurde, unheimlich weh getan. Er oder sie spürte Freundschafts-Kummer.
Freundesliste ausmisten, Freundschaften beenden
Später, ich war schon fast erwachsen, hat meine beste Freundin sich von mir abgewandt. Warum, das weiß ich bis heute nicht. Aber ich bin heute noch traurig darüber, dass wir keinen Kontakt mehr haben. Ich glaube, ich hatte mich nicht mal getraut, danach zu fragen. Einen Namen hatte ich dafür damals nicht. Heute weiß ich, dass man das, was mir passiert ist, "Ghosting" nennt. Es ist noch nicht lange her, da habe ich für mich entschieden, meine Freundesliste auszumisten. Ich neige nämlich dazu, mich aus Pflichtgefühl bei gewissen Menschen regelmäßig zu melden.
Die Resonanz ist ernüchternd und frustrierend: "Wir sollten uns mal wieder treffen." Den Standardsatz lese oder höre ich ganz oft und merke schnell, dass mein Gegenüber eigentlich gar kein Interesse daran hat oder dem zumindest keine Priorität in seinem sehr vollen Terminkalender einräumt. Ich habe jahrelang alten Bekannten (den Freunde-Status habe ich ihnen irgendwann aberkannt) aus Gründen der Nostalgie Weihnachtskarten geschrieben. Einfach, weil ich denke, dass sich darüber jeder freut. Wenn das aber immer nur eine Einbahnstraße bleibt, dann frustriert mich das.

Ich habe von meiner Freundesliste diejenigen Menschen gestrichen, die mir das Gefühl geben, nicht ehrlich an mir interessiert zu sein. Menschen, denen ich in schweren Zeiten beigestanden habe, die aber zu beschäftigt mit ihrem Alltag waren, als ich Unterstützung gebraucht habe. Die mich für meine Schwächen verurteilt haben, anstatt mir beizustehen. Und nein, ich habe ihnen das nicht mitgeteilt. Und ja, das wäre ehrlicher und fairer gewesen, ihnen das mitzuteilen. Aber wir sind uns schon lange nicht mehr so nahe, dass sie mich verstehen könnten.
Leere und Wut
Wenn eine gute Freundin oder ein guter Freund einen verlässt, dann fühlt sich das an wie Liebeskummer. Freundschaftskummer eben. Wer verlassen wird, der trauert (und manchmal auch derjenige, der verlässt). Wenn eine Freundschaft endet, dann trauern wir um etwas, das Teil unseres eigenen Lebens war. Die abgebrochene Verbindung hinterlässt in uns eine Leere. Wer die Freundschaft beendet, hat diese Leere oft schon gespürt, bevor er oder sie den endgültigen Schritt geht. Wer verlassen wird, spürt neben der Leere auch eine Wut auf den anderen, der die Freundschaft für beendet erklärt und das auf eine kompromisslose Art.
Mit der Trauer ist es wie nach dem Tod eines lieben Menschen: Wir durchlaufen verschiedene Phasen der Trauer: Wir versuchen, das, was passiert ist, zu verstehen. Wir fragen uns, wie wir das Ende der Freundschaft hätten verhindern können. Der Schmerz vor der Zurückweisung sitzt tief. Und hat seine Berechtigung. Es ist nicht klug und vielleicht sogar gar nicht möglich, die andauernde Zuneigung des Verlassenen zu verdrängen.
Ich glaube, es wäre für beide Seiten hilfreich, wenn wir es in Freundschaften halten wie in Liebesbeziehungen. Bei Paaren ist es normal, dass man dem anderen sagt, was einen verletzt, was stört, was man sich wünscht. Wäre das bei Freundschaften auch so, würden sie vielleicht länger halten, weil klar wäre, welche Erwartungen beide Seiten haben. So enden die meisten still, ohne dass der Trennung lange Gespräche vorausgehen. Einer der beiden schleicht sich aus der Beziehung raus, geht auf Distanz. Und irgendwann stellt man fest, dass man die Verbindung verloren hat.
Reflexion nach einer Freundschafts-Trennung
Wenn du gerade mit dem Ende einer Freundschaft kämpfst, egal ob du verlassen wurdest oder eine Freundschaft beendet hast, können dir die folgenden Fragen bei der Bewältigung der Trauer helfen:
- Was habe ich von der Freundschaft mitgenommen?
- Was habe ich vom anderen gelernt?
- Was war schön an dieser Freundschaft?
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